Alternativlos


15. April 2013

 

Harriet Modler

Ein Wort erobert in zügelloser Weise

ehrfurchtsvoll Politik und Gesellschaft,

ausdehnend mit grober Beharrlichkeit und des Amtes Kraft 

schweifwedelt es interessanterweise

arglistig durch gewählte Kreise.

 

Ein Adjektiv beginnt einen haltlosen Lauf,

stürmt in Geldaufbewahrungsinstitute, nimmt ihre Rettung in Kauf.

Diese Banken gerieten ins Schwanken,

wie bekannt, denn sie sind systemrelevant.

 

Die ›Alternative‹ und das ›Los‹

beginnen eine beispiellose Fusion,

so etwas wie eine Bankenrettungsunion — in parteiübergreifender Einigkeit

kam zurück die gespielt trostlose Heiterkeit:

jonglierend wurde gerettet das kostspielige Moos.

 

Respektabel ist dieser Selbstbedienungsprozess,

Profitabel strömt das Papier durch Gelddruckmaschinen,

die werden unausweichlich dienen als ›Minen‹.

Ist er wirklich unabwendbar dieser Abszess?

 

Was ist los in dieser Enge der Unmöglichkeiten,

die Opposition will jedenfalls nicht darüber streiten.

Ignoriert werden die Linken,

denn ein Fuchs kann den Wald nicht retten.

Sympathisanten agieren harmonisch harmlos,

sie können nach der Wahl nur noch winken,

noch zu weich liegen sie in ihren eigenen Ketten.

Ideenlose Alternativkultur waltet im unendlichen Kosmos.

 

Auf unvermeidliche Entscheidungen lässt es sich vortrefflich warten,

teilnahmslose Geschäftigkeit zu nachtschlafender Zeit,

um jeden Preis vorweisen zu können — ein Dekret, 

das Verfassungsgericht ist gewohnheitsfällig bereit,

für eine zukunftsweisende Strategie ist es längst zu spät.

 

Wenn alles alternativlos erscheint,

dann ist die Welt dem Ende geweiht.

Wenn das Individuum keine Alternative mehr sieht,

endet das im Suizid.

Hat die Politik den Faden verloren,

wird im günstigsten Fall eine neue Gesellschafts(Kultur) geboren.

 

Das Unwort des Jahres Zweitausendzehn

beginnt sich zudem wie ein Ball zu dreh‘n.

Wie viele Rettungsanker lagern in Berlin?

Warum konservieren wir diese Staatsdoktrin?

Wer verbucht den Gewinn?

 

Haben oder Sein, nach Fromm,

ist der pathologisch übersteigerte Konsum — 

die ursächliche Quelle von Last und Leid.

Dieser Habsucht zu entrinnen,

könnte der Mensch sich die Freiheit ersinnen,

Möglichkeiten auch als möglich zu erachten,

die Situation aus anderen Winkeln zu betrachten,

keine Rücksicht auf Personen und ohne Neid.

 

Das Traurige an der Geschicht‘:

Kritiker dieser Phrase sind nur wenige in Sicht.

Die Anti-Alternativlerin sorgt in ihrem Refugium rigoros

für Stabilität.

Ihre Markenqualität

wird durch kompromissloses Marketing gesät,

in diesen Alternativen wird freizügig auf Staatskosten investiert.

Die Beliebtheitswerte steigen grandios,

gemessen an den Gegenmodellen,

diametral famos.

 

Potsdam, 15.04.2013, 24°C - Frühlingserwachen