Der Kunde


2. April 2013

 

Harriet Modler

Im gigantischen Konsumhimmel

herrscht jeden Tag ein glückseliges Gewimmel.

 

Geadelt wird ›König‹ Kunde

aus selbstgefälligem Munde,

wenn er seine Macht nutzen würde,

hätten undurchsichtig verzweigte Konzerne manche Hürde.

 

Kunden, Kunden, Kunden — welch ein Fluch

haftet an Klienten, Mandanten, Patienten;

sie werden verzweifelt gesucht,

ob wir wollen oder nicht, alle sind Rezipienten:

 

Der Anspruchsvolle schmückt sich mit populären Marken,

zeigt Klasse, ist potent,

um das Ich zu stärken,

möge er doch jederzeit sein solvent.

 

Der Jäger sucht Rabatte,

die Beute muss der Bedarf nicht sein,

er scheut keine Zeit, steht vor Öffnung auf der Matte,

strahlt über jeden (gesparten) Schein.

 

Der Sammler schaut auf das Sortiment,

vollständig will er sich fühlen,

er braucht das Kompliment,

mögen ewig mahlen die Mühlen.

 

Die Eiligen erwarten das vollständige Angebot

bis der Laden schließt,

egal, ob die Ware mit dem Feierabend in den Abfall fließt.

Jedem sei gegönnt — das täglich Brot.

 

Billig, gratis, kostenlos — Vokabeln, die magisch animieren

und suggerieren,

es gäbe etwas umsonst,

als Anker wirken sie verlockend famos,

vorhersehbar sind wir längst.

 

Deklariert in Zielgruppen

werden Menschen zu beliebigen Puppen.

Konzerne lassen uns benebelt tanzen im Rausch —

ein steter ungleicher Tausch.

 

Sie und ich haben etwas zu verkaufen:

wertvolle Zeit,

geniale Ideen,

ein exzellentes Produkt,

vielleicht eine Dienstleistung, die sich als wahrer Dienst erweist,

wodurch sich glühend Geist oder Gaumen speist.

Wer andere will wecken,

ihre Begierden entdecken,

darf sich nicht verstecken.

Schätzt er sich und seine Ware gleichermaßen,

werden Kunden sich begeistern lassen,

denn, wer die Wüste hat erfahren,

kennt die Gebaren

und den bittersüßen Durst,

denn der lässt sich geradewegs lenken

in Oasen, die unermüdlich Freude schenken.

 

Doch nicht jeder Überfluss

ist ein Genuss.

Geht das Maß und die Besonderheit verloren,

werden auch die Ideen anderswo geboren.

 

Der Mensch wurde zum ›Verbraucher‹ tituliert,

über den Neid wird er zum Konsum geführt,

Banalitäten werden glorifiziert — die Sieger sind noch nicht ausgespielt.

 

Der Form halber existiert ein Verbraucherschutzministerium,

von Lobbyisten kreierte Daten

servieren Chemikalien auf Raten.

Ein anonym subventioniertes ›Bakterium‹ — ich würde gern wissen, wer sich genau prostituiert!

 

›Geiz ist geil‹ haben wir sättigend inhaliert,

bekannt sind der Menschen Laster,

fließen soll der Zaster

in die Kassen möglichst schnell,

so dreht sich das Karussell

weiter und weiter,

am Rand des Geschehens

eine Hand voll ›Begleiter‹,

das Ross bleibt verborgen,

wir kennen die Reiter.

Die einen haben manche Sorgen,

die anderen nehmen die ›Leiter‹.

 

Die Shopping-Tempel,

mit gewohnt gleichartigem Krempel

und bekannter Markenvielfalt,

sind erst einige Jahre alt,

doch mit ihnen

werden die Innenstädte schleichend zu Ruinen.

Überdacht und ohne Straßenlärm,

ach was sind wir arm,

aber gefügig wie die Bienen,

um Investments zu (be)dienen.

 

Lechzend schauen wir nach neuen Trends,

outen uns als Fans,

spionieren in Netzwerken um die Wette,

ohne zu merken, dass wir sind Teil einer Kette.

 

Hier und da regen wir uns auf,

nehmen trotzdem billigend in Kauf,

dass Menschen arbeiten in unwürdigen Situationen,

die sich zudem nur einseitig lohnen,

Massen an Rohstoffen verprassen,

für eine immer schnellere Umsatzgeschwindigkeit.

 

Mit absoluter Sicherheit

nimmt die Natur sich ihre Zeit!

Wann lassen wir sie sich reproduzieren,

wann beginnen wir uns zu kultivieren?

 

Die Menschheit glaubt, sie sei zivilisiert!

Weltweit sind die ertragreichen Plätze lang schon reserviert.

 

Die Erde wird uns nicht fragen,

sie weiß, dass die Menschen werden einst tragen,

diese Last und die egoistisch motivierte Hinterlassenschaft.

Wer sich an der Natur und ihren Gesetzen vergeht,

wird ernten, das was er sät.

Doch wer ihr gibt und den Kreislauf versteht,

bekommt von ihr den Reichtum zurück.

Der Mensch selbst, Sie und ich,

wir alle haben den Schlüssel zum Glück!